Packraft Herzogstand-Loisach-Kochelsee Runde

Winterwunderlandschaft am Herzogstand, Schneetreiben am alpinen Grat und Nervenkitzel auf der Loisach, das sind die Highlights einer 40km Packraftwanderung.

Packraft / Packrafting – Was ist das?
Packrafts sind robuste Schlauchboote, die auf minimales Gewicht und Packmaß optimiert sind. Als Rucksackboot sind Packrafts der idealen Begleiter für kombinierte Wander- und Wasserwandertouren. Packrafts sind je nach Ausführung mit Spritzdecken erhältlich und können im Wildwasser eingesetzt werden. Das Packrafting hat sich vor allem in Alaska entwickelt, wo es viele WIldnistouren erst ermöglicht, da man einfach Seen überqueren kann und über Flüsse in Wildnisgebiete oder zurück in die Zivilisation gelangen kann. Mehr dazu im Wikipedia Artikel zum Packraft.

Die Idee vom Packrafting faszinierte mich von dem Augenblick an, ab dem ich das erste mal davon gehört habe. Wildnisgebiete auf dem Wasser einfach und elegant zu erreichen bzw. zu verlassen und gleichzeitig jederzeit zu Fuss weiter wandern zu können – das klingt nach Freiheit und Abenteuer.

In Bayern ist es gar nicht so leicht schöne Packrafttouren zu finden. Es gibt keine Packraftführer und nur sehr wenige Tourenvorschläge im Netz. Die Flüsse sind nicht selten kanalisiert oder mit künstlichen Hindernissen (Wasserkraftwerke, Wehre) zugepflastert. Viele Gebirgsflüsse haben zur Befahrung ein zu grosses Gefälle oder führen zu wenig Wasser. Eine Seeüberquerung ist auch nicht immer leicht, da weite Uferbereiche mit protzigen Villen „verschönert“ wurden und nicht betreten werden können.

Reizvolle Touren zu finden bedeutet deshalb vor allem Kartenstudium und Fantasie. Die Idee zu dieser Packrafttour kam mir bei meiner letzten Gratwanderung vom Herzogstand zum Heimgarten.

Der Plan ist vom Kochelsee zum Herzogstand aufzusteigen, dann dem Grat zum Heimgarten zu folgen, nach Ohlstadt abzusteigen und auf der Loisach mit dem Packraft zurück zum Kochelsee zu paddeln.

HLK-Karte

Die Wanderroute

Da die Tour lang wird starte ich bei Sonnenaufgang (kurz nach 5 Uhr morgens) an einem Wanderparkplatz südlich von Schlehdorf am Kochelsee. Anfangs führt der Weg einem Forstweg entlang bis links der Pionierweg abzweigt.

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Das erste Etappenziel im Morgengrauen: Der Herzogstand

Der Pionierweg ist sehr schön zu gehen. Man überquert immer wieder Rinnen mit Bachläufen. Hier sehe ich auch zwei Gemsen. Aber wie immer haben sich die Tiere aus dem Staub gemacht bevor die Kamera startklar ist.

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Für den malerischen Pionierweg hätte Major Neischl ein schöneres Schild verdient gehabt

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Blick Richtung Herzogstand von einer Almwiese am Ende des Pionierwegs

Bald erreicht man wieder einen breiten Forstweg, den Reitweg. Der Weg führt direkt zum Herzogstandhaus. Normalerweise meide ich Forstwege, aber mit dem schweren Packraftrucksack freue ich mich über das bequeme und schnelle Vorankommen. Für den heutigen Tag ist kühles Wetter mit einer Niederschlagswahrscheinlichkeit von 90% vorhergesagt. Es verwundert mich daher nicht, dass die letzten Meter auf dem Weg vereist sind, obwohl es Mitte Mai ist.

Ohne Pause gehe ich am Herzogstandhaus vorbei und wandere zum Gipfel des Herzogstand. Die letzten Tage hat es geschneit und da jetzt auch die Sonne hinter den Wolken hervorkommt, wandere ich in einer Winterwunderlandschaft zum Gipfel. Am Gipfel kann ich noch kurz die Sonne geniessen, sie wird aber bald verschwinden und sich den ganzen Tag nicht mehr blicken lassen.

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Pavillon am Herzogstand in der Morgensonne

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Dieser Grat führt zum Heimgarten

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Martinskopf in der Winterwunderlandschaft

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Der Walchensee von Herzogstand aus. Im See befindet sich die Insel Sassau, die leider nicht betreten werden darf.

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Pavillon auf dem Herzogstand

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Der Kochelsee. In der Bildmitte links ist der Zufluss durch die Loisach, hier werde ich Stunden später mit dem Packraft einfahren. In der Bildmitte rechts ist der Abfluss Richtung Norden. Es ist sehr ungewöhnlich, dass Zu- und Abfluß jeweils nördlich ausgerichtet sind. Auch auf alten Karten ist dies der Fall, so daß ich von einem natürlichen Verhalten ausgehe. Ich hätte vermutet, dass dies künstlich ist, da sich die Loisach bei Hochwasser den direkten Weg zum Abfluß hätte suchen können.

Als ich mich auf dem Weg zum Heimgarten mache nimmt die Bewölkung weiter zu. Der Grat ist gut verschneit, aber trotzdem unproblematisch zu gehen. Der unberührte Schnee zeigt mir an, dass ich an diesem Tag der erste bin, der Herzogstand und Grat begeht. Erst bei der Heimgartenhütte werde ich an diesem Tag das erste Mal anderen Wanderern  begegnen.

Eines der Highlights der Gratwanderung sind die Aussichten auf zahlreiche Seen. An kaum einer anderen Stelle kann man einem Blick auf Kochelsee, Walchensee, Staffelsee, Riegsee, Starnberger See und Ammersee werfen. Allerdings war der Ammersse nur im Dunst zu erahnen.

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Blick von Grat zurück zum Pavillon auf dem Herzogstand. Unten ist der Pfad des Grats gut zu erkennen.

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Der Kochelsee vom Grat

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Auf dem Grat zum Heimgarten

Im Verlauf der Gratwanderung fängt es immer mehr an zu schneien, aber Schnee ist mit lieber als Regen.

In der Heimgartenhütte mache ich das einzige mal an diesem Tag kurz Pause und gönne mir eine Suppe und einen Spezi.

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Gipfelkreuz am Heimgarten

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Nicht das beste Wetter am Heimgarten

Von der Heimgartenhütte folgt man dem Wegweiser Richtung Ohlstadt. Der erste Teil des Weges ist relativ unspektakulär. Richtig schön wird der Steig erst, wenn er der Kaltwasserlaine folgt. Diesen Weg sollte man bei Lawinengefahr meiden. Erstens weist ein Warnschild auf den Lawinenstrich hin und zweitens steht weiter unten ein Marterl. Dort ist 1977 ein 15-jähriges Mädchen bei einer Lawine ums Leben gekommen. Obwohl das Unglück schon lange her ist, kreisen meine Gedanken beim weiteren Abstieg um das Schicksal des Mädchens und um die trauernden Eltern.

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Weg an der Kaltwasserlaine

Der schöne Steig, der der Rinne der Kaltwasserlaine folgt, lässt mich aber bald wieder auf positivere Gedanken kommen. An einem kleinen Wassserkraftwerk muss man Abschied von der Kaltwasserlaine nehmen und folgt einem Forstweg weiter Richtung Ohlstadt. Nachdem man den Wanderparkplatz passiert hat erreicht man bald Ohlstadt. Einer Einkehr in einer Wirtschaft kann ich widerstehen und wandere schnell durch Ohlstadt weiter Richtung Loisach und Autobahn. Die Strasse nach Weichs ist zwar eine Teerstrasse, aber ich folge ihr trotzdem gerne. An diesem Tag begegnet mir auf der Strasse kein einziges Auto (Verbotsschild ist mir keines aufgefallen) und der Weg bietet schöne Ausblicke auf die Berge und saftige Wiesen. Fast ein Stück Bilderbuchbayern.

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Saftige Wiesen und Berge. Von Ohlstadt zur Loisach.

Vielleicht ist die Strasse auch deshalb nicht befahren, da das letzte Stück nach der Autobahnbrücke zur Loisach gesperrt ist. Das gilt leider auch für Fussgänger und einige Schilder weisen auf die Lebensgefahr durch Forstarbeiten hin. Feiertags rechne ich zwar nicht mit Arbeiten, jedoch ziehe ich es vor die Baustellenstrasse zu meiden und folge dem Weg am Rand einer Wiese. Das kurze Stück ist schnell überwunden und ich erreiche die Loisachbrücke. Dort gibt es einen bequemen Einstieg (flussabwärts gleich rechts nach der Brücke).

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An der kleinen Loisachbrücke geht es jetzt auf dem Wasser weiter.

Das Packraft ist rasch aufgebaut und schon mache ich schnelle Fahrt auf der Loisach. Da ich das erste Mal auf der Loisach fahre, habe ich keinen Vergleich, aber nach meinem Gefühl führt der Fluss viel Wasser und fliesst sehr schnell. Durch die hohe Fliessgeschwindigkeit kommt man durch leichtes Paddleln mit ca. 10km/h voran. Bis man wieder die Autobahnbrücke kurz vor dem Ziel unterquert gibt es keine Schwälle oder schwierige Stellen. Das erste Stück bis zur Brücke der St 2062 ist relativ langweilig.

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Auf der Loisach. Blick zurück nach Süden.

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Auf der Loisach.

Der Fluss fliesst ziemlich gerade und ist kanalisiert, auch wenn das nicht sofort auffällt. Die Strecke nach der Strassenbrücke ist wesentlich schöner. Durch das Hagener Moor fliesst die Loisach in Kurven in ihrem natürlichen Flussbett. Leider regnet es in diesem Abschnitt, so dass ich nicht zum fotografieren oder pausieren komme.

Richtig spannend wird es nach der Autobahnbrücke. Einige Warnschilder „Wehr unbefahrbar“ weisen auf eine Gefahrenstelle (Wehr Kleinweil) hin. Kurz vor dem Wehr gibt es links eine Holzplattform bei der man bequem aussteigen kann. Ich besichtige das Wehr und kommen zum Schluss, daß ich das Wehr umtragen werde.

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Aussetzstelle vor dem Wehr Kleinweil

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Wehr Kleinweil. In der Mitte könnte man es wagen.

Gleich nach dem Wehr setze ich wieder ein und erreiche bald die nächsten Sohlrampen. Doch dann mache ich einen Fehler. Durch Lektüre der Seiten von www.kanu-info-isar.de hätte ich es wissen müssen. Dort steht eindeutig, dass man Sohlrampe 1 und Sohlrampe 2 in Großweil gemeinsam 900m Meter umtragen muss. Da das Wehr Kleinweil so schön mit dem Ausstieg beschildert war, gehe ich davon aus, dass es kurz vor der Sohlrampe 1 wieder einen gut beschilderten Ausstieg gibt. Die Sohlrampe wird mit einem Warnschild „Wehr unbefahrbar“ angekündigt, aber ich sehe keinen beschilderten Ausstieg und kurz vor dem Wehr gibt es keine Ausstiegsmöglichkeit. Deshalb muss ich dieses Wehr ohne Besichtigung befahren. Gas geben, Augen zu und durch. So klappt es auch, allerdings ist der Schwall heftiger als bei der Anfahrt erwartet. Durch den Höhenunterschied kann man einfach nicht sehen was einen erwartet. Jede Menge Wasser schwappt ins Boot. Da ich aus Gewichtsgründen meinen Trockenanzug nicht dabei habe, werde ich trotz Regenjacke und Regenhose bis zur Unterhose nass. Auch die nächsten Sohlrampen fahre ich zwangsläufig ohne Besichtigung. Die Sohlrampen sind zu fahren, auch wenn die Warnschilder gegenteiliges behaupten. Aber mit etwas Pech kann die Befahrung auch böse ausgehen.

Für das nächste mal habe ich gelernt, schwierige Stellen im Vorfeld noch besser zu recherchieren und sich nicht darauf zu verlassen, dass man den Ausstieg schon gut beschildert finden wird.

Die zwei weiteren Warnschilder „Seil quert“ kann man ignorieren, da es sich jeweils um eine Materialseilbahn handelt, bei der das Seil so hoch hängt, dass es keine Gefahr darstellt. Die zweite Materialseilbahn versorgt am Ufer des Kochelsee ein Kieswerk. Wieso am Ufer des Kochelsses, in wunderschönster Landschaft ein Kieswerk genehmigungsfähig ist, will man wahrscheinlich gar nicht so genau wissen.

Am Kochelsee gilt es nur noch ein Problem zu lösen. Ich muss auf der Südseite des Kochelsee bei Raut an Land gehen, doch das Ufer ist entweder schilfbewachsen oder in Privatbesitz. Die beste Möglichkeit gibt es auf einer Kiesbank beim Zufluss eines Baches, der Haselrieslaine. Auf der Kiesbank kann ich bequem zusammenpacken und folge dann dem Bachbett am rechten Ufer in Richtung einer kleinen Brücke.

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Kiesbank am südlichen Ufer vom Kochelsee. Hier kann man das Packraft wieder bequem einpacken

Von hier ist der Parkplatz schnell erreicht. An der Brücke habe ich den rechten Weg in Richtung Wanderparkplatz gewählt, schneller geht es wenn ich mich links gehalten hätte. Aber auf die paar Meter kommt es bei dieser langen Wanderung nicht mehr an.

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Diese Wanderung wurde unterstützt von „Meinen-Schwiegereltern24.de“. Die umfangreichen Serviceangebote beinhalten, eine 24h online Kinderbetreuung, durch die, diese Tour erst ermöglicht wurde.

Alternativrouten:

  • Einfacher: Von Schlehdorf geht man direkt zum Heimgarten. So kann man die Tour verkürzen, verpasst aber den schönen Pionierweg und die fantastische Gratwanderung zum Heimgarten.
  • Länger: Vom Heimgarten steigt man nicht nach Ohlstadt, sondern nach Eschenlohe ab. Die Tour wird insgesamt 10km länger und man kann die grossartige Asamklamm „mitnehmen“. Zur Planung habe ich einen GPX Track erstellt: packraft_eschenlohe.gpx
  • Viel länger: Man reist mit öffentlichen Verkehrsmitteln an. Am Kochelsse geht man nicht an Land, sondern verlässt über die Loisach wieder den See. Bei Wolfratshausen mündet die Loisach in die Isar, so dass man bis München paddeln kann. In einem Tag wird das aber kaum zu schaffen sein. Aber der Gedanke ist reizvoll: Vom Grat am Heimgarten aus eigener Kraft zur heimischen Haustür.

Daten und Fakten:

  • GPX Track: Herzogstand-Loisach-Runde.gpx
  • Dauer: 10,5 Stunden (inkl. kurzer Einkehrpause im Heimgartenhaus und einem Ratsch am Kochelsse mit einem netten Seegrundstücksbesitzer)
  • Länge: 25km wandern + 15km paddeln, insgesamt 40km
  • Höhenmeter: ca. 1360
  • Pegelstand Loisach
    • Pegel Eschenlohe Brücke / Loisach, Pegelnr. 16404106: 150cm
    • Pegel Schlehdorf / Loisach, Pegelnr. 16404900: 120cm
HLK-Profil

Höhenprofil

HLK-Zeit

Man sieht deutlich die höhere Reisegeschwindigkeit bei der Packraftfahrt auf der Loisach

Weiterführende Links:

Gallerie:

4 Gedanken zu “Packraft Herzogstand-Loisach-Kochelsee Runde

  1. Sehr coole Tour!!! Kriegt man echt Lust, das nachzumachen, auch wenn die Tourlänge im Moment noch ein busschen außerhalb unserer Reichweite ist.

    • Hallo Juliane,
      ja mit Kindern ist das noch etwas lang. Ich habe heute schon von Eurer Tour auf der Wisent gelesen. Ich war heute mit der Familie auf der Isar, da musste ich gleich daran denken, welches abschreckendes Erlebnis ihr mit den Betrunkenen hattet.
      Schöne Grüsse
      Andi

  2. Hallo,

    tolle Tour und eine super Idee 🙂 Am Freitag habe ich die Tour gemacht, jeoch bin ich vom Heimgarten dann nach Eschenlohe abgestiegen. Denke jedoch dass Deine Variante nach Ohlstadt besser ist 🙂 War in Summe echt lang! Hatte 13h mit Pausen gebraucht. Respekt für Deine schnelle Zeit bei der Witterung 🙂
    Du musst ja gerannt sein!

    Gruß Christian (der von youtube) 😉

    • Hallo Christian,

      das freut mich, dass die Tourenbeschreibung zu eigenen Touren anregt. Ursprünglich geplant habe ich auch den Abstieg nach Eschenlohe, das war mir dann aber zu weit. Werde ich aber irgendwann auch probieren.
      Danke für Deinen netten Kommentar
      Andi

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